Aktuelles

Gute Ansätze und eine hinterfragungswürdige Umsetzung

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mit einer Pressemeldung hat die Landesregierung vor Kurzem angekündigt, dass die zeitlichen Rahmenbedingungen für Schulleitungen verbessert werden sollen. Nachdem in einem ersten Schritt Verbesserungen bei der Besoldung umgesetzt wurden, sollen nun Schulen, die einen erhöhten Organisationsaufwand haben, zusätzliche Anrechnungsstunden erhalten.

Laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann soll die Rolle der Schulleitungen gestärkt werden. Sie tragen nach seinen Worten eine große Verantwortung und haben viele Herausforderungen zu bewältigen.

Kultusministerin Theresa Schopper betont, dass den Schulleitungen mehr Leitungszeit und auch weitere Anrechnungsstunden zur Verfügung stehen sollen, mit denen das schulische Führungsteam gestärkt werden kann.1

Seitens der VSL Baden-Württemberg wird begrüßt, dass seitens des Ministeriums anerkannt und gewürdigt wird, dass jede Schulleitung ihre Schule mitprägt und durch ihre pädagogische Führung und das Schulmanagement nicht nur einen großen Einfluss auf die Unterrichtsqualität, sondern auf das gesamte Schulklima hat.

Die Umsetzung der Veränderung der Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung wurde vom Kabinett beschlossen und soll den Schulleitungen schon ab dem Schuljahr 2022/2023 mehr Leitungszeit zur Verfügung stellen.

Kritische Fragen zur Umsetzung und Wirkweise

Grundsätzlich wird das Vorhaben von der VSL positiv bewertet. Jedoch gelte es, den geplanten Umfang, die Wirkweise und den angedachten Zeitplan kritisch zu hinterfragen.

160 Stellen für alle Schulen

Nach den vorliegenden Planungen sollen mit den für das Projekt vorgesehenen und verankerten 160 Stellen den „stark beanspruchten Schulleitungen“ eine echte Entlastung umgesetzt werden. Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg weit über 3.000 Schulleitungen.

Das bedeutet, dass jede Schulleitung, rein rechnerisch gesehen pro Woche weniger als eine zusätzliche Stunde Leitungszeit erhält bzw. erhalten könnte.

Auch wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die Kultusministerin deutlich mehr Stellen veranschlagt hatte, dies aber nicht durchsetzen konnte, bleibt die Frage unbeantwortet, wie viel der Landespolitik eine gute Bildung in Baden-Württemberg wirklich wert ist. Auf diese Weise kann Schulentwicklung nicht vorangetrieben werden!

Entlastung kommt nicht für alle

Kritisch bewertet werden muss nach Überzeugung der VSL zudem, dass die Leitungszeit vor allem für die Schulleitungen mittlerer und größerer Schulen einigermaßen wirksam angehoben wird. So ist die Erhöhung des Faktors bei Schulen ab 20 Klassen deutlich höher als bei Schulen mit weniger als 20 Klassen.

Wir fragen uns: Haben nur diese Schulleitungen großen Einfluss auf das Schulklima und benötigen deshalb mehr Leitungszeit?

Was ist mit den vielen Schulleiter*innen kleinerer Schulen, die aufgrund der Tatsache, dass sich die Leitungszeit nach der Anzahl der Klassen einer Schule richtet, aufgrund der geringeren Leitungszeit eine sehr hohe Unterrichtsverpflichtung haben?

Zu berücksichtigen ist zudem, dass mit der für die Schulleiter*innen definierten Leitungszeit die Aufgaben aller Mitglieder eines Schulleitungsteams abgedeckt werden müssen. Dazu gehören Konrektoren, 2. Konrektoren oder weiteren Lehrkräften mit Schulleitungsaufgaben.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass mit der für die Schulleiter*innen definierten Leitungszeit die Aufgaben aller Mitglieder eines Schulleitungsteams abgedeckt werden müssen. Dazu gehören Konrektoren, 2. Konrektoren oder weiteren Lehrkräften mit Schulleitungsaufgaben.

Unzureichende Umsetzungsschritte

Dass die Qualität an den Schulen maßgeblich von den Schulleitungen abhängt und dass die herausfordernde Aufgabe, eine Schule zu leiten, auch Zeit braucht, ist nicht erst mit Inkrafttreten des neuen Koalitionsvertrages bekannt geworden.

Prof. Dr. Stephan Huber hat hierzu schon im Oktober 2011 im Rahmen eines VSL-Schulleitungstages eine wissenschaftliche Studie vorgestellt und wesentliche Erkenntnisse dazu dargelegt.2

Bereits 2008 begann die Auseinandersetzung des Schulleitungsverbandes VSL mit dieser schon damals und erst recht heute wichtigen Thematik.

Forderungen nach Entlastung der Schulleitungen, die aus dieser wissenschaftlichen Studie gefolgert wurden, gab es schon vor mehr als 10 Jahren! Mehr Zeit! – eine wesentliche Folgerung und Forderung.

Das Fazit der VSL

Die angekündigten Umsetzungsschritte reichen nach Überzeugung der VSL bei Weitem nicht aus. Die stetig zunehmenden und äußerst herausfordernden Aufgaben für Schulleitungen finden in dem aktuellen Schulleitungskonzept, das zur Stärkung und Entlastung der Schulleitungen auf den Weg gebracht werden soll, nicht genügend Berücksichtigung.

Die VSL als Schulleitungsverband Baden-Württembergs wird aus diesem Grund Verbindung mit der Amtsspitze des KM aufnehmen, um nachdrücklich aufzuzeigen, dass die angedachten Umsetzungsschritte des Schulleitungskonzepts keinesfalls ausreichend sind, um alle Schulleitungen tatsächlich zu stärken und zu entlasten.

1 Pressemeldung des Kultusministeriums vom 03. Februar 2022
2 („Explorative Untersuchung zum Schulleitungshandeln in BW – Anforderungen und Tätigkeiten von pädagogischen Führungskräften“).

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